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Eliott hat sich entschieden lieber mit ruhigeren Menschen zu arbeiten. Mein Plan mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, hat ihm nicht so gepasst. Die sind ihm zu laut und oft zu aufgeregt. Stress und Unwohlsein beim Hund erkennen zu können ist ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Element im Einsatz. Ich muss jederzeit erkennen, wie es meinem Hund gerade geht. Wenn er Zeichen von Unwohlsein zeigt, und die fangen bei gaaaanz kleinen Bewegungen, also in der feinen Körpersprache an, dann kann ich ihm eine Verschnaufpause gönnen und eine Übung mal ohne Hund im Fokus anbieten.

Erholung im „Superman/Superdog“ Style… Ob er wohl träumt zu fliegen? 😉

Wie geht das, seinen Hund lesen zu lernen?… Die Zeichen für Unwohlsein und auch für anderes Befinden, also „das taugt mir jetzt gerade nicht“ aber auch „hey, ich bin eh ein lieber und ganz freundlicher Artgenosse“ werden durch die Calming Signals (oder „Beschwichtigungssignale“) angezeigt. Turid Rugaas hat diese erforscht und ein Buch im animal Learn Verlag veröffentlicht. https://www.animal-learn-verlag.de/shop/buecher-hund/calming-signals

Die Buch- und DVD-Reihe der Calming Signals aus dem animal Learn Verlag

Es gibt übrigens auch eine sehr empfehlenswerte DVD (https://www.animal-learn-verlag.de/shop/video/calming-signals-dvd) sowie ein Workbook (https://www.animal-learn-verlag.de/shop/buecher-hund/calming-signals-workbook) von Clarissa von Reinhardt und Martina Scholz. Über die Calming Signals reden die Hunde in einer ganz feinen Körpersprache miteinander und auch mit uns. Und auch wir können diese in der Kommunikation mit unserem Hund einsetzen.

Gähnen beim Hund kann auch ein Calming Signal sein. Das kann man super übernehmen und als Mensch einsetzen. Der Hund wird sich entspannen, wenn man ihn genügend lange „begähnt“, ich hab’s ausprobiert, Eliott ist irgendwann von „aufgeregt“ in den Zustand „weggepennt“ gekommen. Sehr interessant.
Grinsen beim Hund heißt nicht immer, hey ich bin ein happy dog, manchmal zeigt es auch, dass er gestresst ist. Die Calming Signals müssen immer in der Gesamtsituation gedeutet werden.
Zwinkern ist ebenso ein Calming Signal, hier habe ich gerade zwei gute Keksis in den Händen und Eliott möchte seins haben und sagt, „schau wie brav ich schon Sitz mach und sowieso immer der bravste bin, reiß doch endlich das Leckerli her“ 😉

Als ich angefangen habe mich mit Eliott in seiner Sprache zu verständigen, war er so happy, dass er gleich mal mit vielen vielen Hundebussis über mich herfiel. Wie wohlwollend, dankbar und geduldig diese Wesen nur mit uns sind. Wenn wir von diesen Signalen nichts kapieren, sie ignorieren oder gar bestrafen, hören Hunde irgendwann auf zu versuchen mit uns zu reden und lassen halt vieles über sich ergehen, weil sie einfach zutiefst soziale Wesen sind und ihren Herrchen immer gefallen wollen. Oder sie werden sehr „direkt“ in der Sprache, was nun auch alles andere als wünschenswert ist.

Hier hechelt Eliott weil es ihm nicht taugt an dem fremden Ort mit dem rutschigen Boden und den vielen Leuten zu posieren. Dieses Hecheln und die Falten rund um die Augen zeigen Unwohlsein.
Hier hechelt Eliott weil er – wie man kaum übersehen kann – im Wasssergraben ausgiebig gespielt hat, er ist entspannt aber eben etwas aus dem Atem
Dreht der Hund den Kopf weg und macht hier noch dazu die Augen zu oder schleckt sich über das Naserl kann dies auch als Beschwichtigung gedeutet werden. Wenn man einem Hund zu nahe kommt, zB. wenn man bein Geschirr anziehen oder Streicheln frontal zu ihm steht, wird er diese Bewegung auch zeigen, dann heißt sie, „hey, das ist mir unangenehm, du dringst zu weit in meinen Wohlfühlbereich ein“

Das ist einfach schon sehr traurig wie wenig wir unseren Hunden echte Aufmerksamkeit schenken, nämlich solche, die versucht sich in das Wesen Hund hineinzuversetzen und sie nicht zu vermenschlichen oder als „Stofftierchen“ zu missbrauchen. Wenn man ein bisschen Übung darin hat, lernt man seinem Hund auch noch auf eine andere, tiefere Ebene zu lesen und zu vertrauen. Besonders Begegnungen mit anderen Hunden haben mich oft gestresst, weil ich Eliotts Körperhaltung und -sprache immer falsch gedeutet hab.

Heute weiß ich, dass diese Haltung „Frauli, da vorn bewegt sich was, schau mal…“ heißt und nicht, ich starte gleich los wie ein rasender Wilder und tobe umher. Er zeigt mir einfach etwas an. Manchmal hebt er wie die Vorstehhündin Anja ein Bein an. Schauen, Lob, Keksi und weiter geht es vergnügt und entspannt beim Spaziergang.

Wenn er „erstarrt“ ist, dachte ich immer, oje, jetzt ist er sehr gestresst und bellt den anderen Hund gleich an, oder springt in die Leine. Ich hab ihn dann nie zum anderen Hund gelassen, weil ich Angst vor einer Keilerei hatte. Aber dieses Erstarren heißt gar nicht „hey ich greif dich gleich an“, sondern erstarren in der Hundebegegnung heißt in Eliotts Fall („in Eliotts Fall“, bitte zerreißt mich nicht in Einzelstücke, es gibt wahrscheinlich in anderen Situationen und mit anderen Hunden eventuell andere Deutungsmöglichkeiten, aber hier schreibe ich nur von meinen Erlebnissen, Erkenntnissen und meinem Hund und mir…) eigentlich nur, dass er präsent da steht und mal abwartet wie sich der andere Hund nähert.

Im Bogen laufen sich Angi, die 16jährige Nachbarshündin und Eliott zu

Normalerweise kommt ein freilaufender Hund in einem Bogen seitlich heran (das wäre die normale Art wie zwei Hunde sich begegnen, frontal ist sehr unfreundlich in der Hundewelt), da hebt Eliott ein Vorderbein („ich bin freundlich, alles ok“), dann schnüffeln sie sich ab und dann wenn sie sich gut riechen können, spielen sie los. Oder er legt noch ein „abwenden“ und „am Boden schnüffeln“ ein und dann geht das gemeinsame Spiel los.

„Erstarren“ und mal abwarten sowie „Schlecken“ als Calming Signal, Blick ist abgewendet, Angi hebt die Pfote, sie sagt Eliott, „ich bin eh auch ganz gechillt und dir friedlich gesinnt“
Schnelles Schnüffeln am Boden und den Blick abwenden bei der Begegnung ist ebenso ein Beschwichtigungssignal, „schau her, wie lieb und friedlich ich bin“

Obwohl er ein Riese ist, ist er mit kleinen Hunden und auch alten Hunden vorsichtig und lieb. Besonders schön kann ich die Calming Signals in Interaktion mit unserer Nachbarshündin Angi, die schon ein stolzes Alter von 16 Jahren vorweisen kann, beobachten. Sonst geht das ja immer rasend schnell, aber für Angi bemüht sich Eliott besonders und zeigt die Calming Signals extra schön und lang. Diese Signale dienen dazu, dem anderen Hund mitzuteilen, dass man eh ein friedliches Exemplar ist und beispielsweise gerne spielen würde. Einem unsicheren Hund kann dies Sicherheit geben oder einen Hund der sich leicht aufregt, Beruhigung verschaffen. Die Calming Signals werden meist sehr schön im Freilauf gezeigt, an der Leine verhindern wir meist, dass der Hund „richtig“ hallo sagen kann.

Gegenseitiges beschnüffeln „Können wir uns gut riechen?“
Ja, alles klar, let’s fetz – ok, mit Angi ist es eher eine ruhigere und kürzere Galopprunde, aber das passt schon. 🙂